Workshop Familiengeschichte oder Geschichte der Familie? Kontexte, Perspektiven und Zugänge einer Familienzeitgeschichte

  • Tagung:

    Workshop Familiengeschichte oder Geschichte der Familie? Kontexte, Perspektiven und Zugänge einer Familienzeitgeschichte

  • Tagungsort:

    KIT, Unviersitätsteil, Franz-Schnabel-Haus, Geb. 30.91, 012

  • Datum:

    12./13. Oktober 2018

  • Referent:

    u. a. Prof. Dr. Rolf-Ulrich Kunze

  • Workshop am Institut für Geschichte des KIT:

    Familiengeschichte oder Geschichte der Familie?

    Kontexte, Perspektiven und Zugänge einer Familienzeitgeschichte

     

    „Wir sollten den Alten nicht den Mund zuhalten, wenn sie uns etwas erzählen wollen,“ schrieb Walter Kempowski zur Einleitung seines ,Echolot’, „und wir dürfen ihre Tagebücher nicht in den Sperrmüll geben“ – häufig geschieht allerdings genau das: Ungezählte privat überlieferte Quellenbestände werden mangels zuständiger Archive vernichtet, und noch immer nehmen viele Zeithistoriker den Zeitzeugen als Gegner wahr, der mangels wissenschaftlicher Einordnung seiner familiären Überlieferung methodisch disziplinierte Diskussionen stört.

     

    In Archiven gehört Familiengeschichte zu den mit Abstand am meisten nachgefragten Themen überhaupt. Die dort von Privatleuten recherchierten Geschichten nehmen mit wenigen Ausnahmen von den Methoden und Erkenntnissen weder der Geschichte der Familie noch der Zeitgeschichte Kenntnis. Vielmehr zeigen sie sich beeinflusst von medialen Konjunkturen wie der Präsenz des Themas Heimkehr aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft in den 1980er Jahren (Albrecht Lehmann), Bombenkrieg in den 1990er Jahren (Jörg Friedrich) oder der Rekonstruktion einer Kriegskinder- und Kriegsenkel-Identität seit den 2000er Jahren (Sabine Bode).

     

    Da die private Familiengeschichte somit – aus Sicht der Fachwissenschaft – methodisch und konzeptionell hochgradig defizitär bleibt, wird sie von der institutionalisierten Geschichtswissenschaft wenig wahrgenommen. Auch die privat überlieferten Quellen zur Zeitgeschichte der Familie verbleiben somit im Kreis der Familie, wo sie der Forschung nicht zugänglich sind und im Zuge von Generationswechseln oft verloren gehen. Tatsächlich bieten jedoch nicht nur die familiären Quellenbestände für die Zeitgeschichte eine wesentliche Ressource. Auch die durch Laien erbrachten Forschungsleistungen könnten der Zeitgeschichte neue Impulse geben, da die „Geschichte der Familie“ dieser Epoche noch die größten Lücken aufweist. Schließlich repräsentiert das erhebliche Interesse der Menschen an der Geschichte ihrer Familien auch ein Publikum für Historiker, deren Erreichen nicht nur aus strategischen Motiven angestrebt werden kann, sondern auch ein Anliegen historisch-politischer Bildung darstellt. Die allgemein zu beobachtenden Veränderungen von Gedächtnis und Erinnerung an den Nationalsozialismus aufgrund des spürbar werdenden Fehlens der Erlebniszeugen, stellt auch die Familienzeitgeschichte vor neue Herausforderungen.

     

    Ziel des ersten Karlsruher Workshops zur Geschichte der Familie im 20 Jahrhundert ist es, die Kontexte, Perspektiven und Zugänge einer Familienzeitgeschichte zu prüfen, um zu ergründen, welche Annäherungsmöglichkeiten sich zwischen der von Laien betriebenen Familiengeschichte und der fachwissenschaftlichen Kulturen von u. a. der Publizistik, Zeitgeschichte, Kulturwissenschaft, Familienberatung und Theologie bieten.

     

     

    Programm: Workshop

    Familiengeschichte oder Geschichte der Familie?

    Kontexte, Perspektiven und Zugänge einer Familienzeitgeschichte

     

    Freitag, 12. Oktober 2018

     

    12.15

    Ankunft, Kaffee

     

    12.40

    Begrüßung: Marcus Popplow

     

    12:45–13:10

    Einführung: Rolf-Ulrich Kunze

     

     

    Das Thema Kriegskinder und -enkel

     

    13:10–14:00

    Familiengeschichtliches Coming out. Kriegskinder und Kriegsenkel: Sabine Bode (abgesagt)

     

     

    Die Quellenperspektive

     

    14:00–14:50

    Beziehungsgeschichten. Forschen mit/über DDR-Übersiedler-Familien: Laura Wehr

     

    14:50–15:40

    Familienfotoalben als zeitgeschichtliche Quelle: Rolf-Ulrich Kunze

     

    Kaffeepause

     

    Zeitgeschichte in familiären Konflikten und im Gemeindeleben

    16:10–17:00

    Familienkonflikte in der Familienberatung: Barbara Fank-Landkammer, Karlsruhe

     

    17:10–18:00

    Familien im Gemeindeleben: Fallbeispiele: Susanne Labsch, Karlsruhe

     

     

    18:30

    Gemeinsames Abendessen

     

    20:30

    Abendvortrag. Heimatgefühle eines Kosmopoliten: Hans-Peter Schütt, Heidelberg

     

     

     

    Sonnabend, 13. Oktober 2018

     

    Familien und lokale Zeitgeschichte

     

    09.10 –10.00

    Biographien in der lokalen und regionalen Zeitgeschichte, 1992–2007: Klaus Eisele (abgesagt)

     

    10.10 –11.00

    Vorstellung der M.A.-Arbeit Trümmerjahre. Familienleben –

    Wie viel Alltag steckt in der Nachkriegszeit? Eine Analyse von geführten

    Zeitzeugeninterviews in Anlehnung an Nachkriegsliteratur: Franziska Sauerborn

     

    11.00 – 11.10

    Kaffeepause

     

     

    Probleme des Biographischen

     

    11.10 –12.00

    Über die Schwierigkeit, Familiengeschichte zu schreiben: Linde Apel

     

     

    Dokumentation von Lebensgeschichten

     

    12.00 – 12.50

    Dokumentation von Lebensgeschichten und die Wiener Schule: Gert Dressel

     

     

    12.50–13.00

    Schlusswort: Rolf-Ulrich Kunze, Marcus Popplow

     

    13.00

    Ende des Workshops

     

     

    Teilnehmerinnen und Teilnehmer:

     

    Dr. Linde Apel, Hamburg

    Dr. Gert Dressel, Wien/Klagenfurt

    Pfarrerin Susanne Labsch, Karlsruhe

    Dipl.-Soz.-Päd.’, Dipl.-Ehe-, Lebens-, Fam.-Beraterin Barbara Fank-Landkammer, Karlsruhe

    Prof. Dr. Rolf-Ulrich Kunze, KIT

    Prof. Dr. Marcus Popplow, KIT

    Franziska Sauerborn, M.A., Heidelberg

    Prof. Dr. Hans-Peter Schütt, Heidelberg

    Dr. Laura Wehr, München

     

    Erbeten wird ein max. 30-minütiger Vortrag, vorgesehen sind min. 20 Min. Diskussion pro Thema. Die Veröffentlichung in einem Sammelband ist geplant.